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Reiche Küste, reiches Land

Jedes Land auf unserer Reise ist anders. Manchmal sind die Unterscheide eher gering, hier aber sind sie sehr offensichtlich: Costa Rica ist "reich". Es gibt weniger alte Autos, weniger improvisierte Reifenhändler am Straßenrand, weniger preiswerte Garküchen. Dafür mehr Anbieter für alle möglichen Tourismusprodukte: Touren, Übernachtungen, Abenteuer-Adventure-Schnick-und-Schnack, mit der Zip-Line über den Vulkankrater und dabei einen Cocktail in der Hand... Und das alles auf mindestens europäischem Preisniveau.

Wir finden wunderschöne Stellplätze am Meer, besuchen den (eher enttäuschenden) Nationalpark Volcán Arenal im bergigen Hinterland und sehen viele Touristen aus Frankreich, Deutschland und den USA. Europäische Expats haben hier deutsche Bäckereien, schweizer Hotels und Fincas gegründet. Fehlt nur noch ein schwedisches Möbelhaus...

Costa Rica wird ja aufgrund seines Wohlstandes als die Schweiz Lateinamerikas bezeichnet - der Vergleich trifft es ganz gut. (Wusstet ihr, dass jeder 10. Schweizer außerhalb der Schweiz lebt? Muss ein furchtbares Land sein...).

Micha hat sich als alter Ökonom so seine Gedanken gemacht über den ursprünglichen Ursprung des Wohlstandes:

Exkurs: Warum ist Costa Rica erfolgreicher als andere Staaten der Region?

Diese Frage treibt mich um. Der Grenzübergang zwischen Nicaragua und Costa Rica ist ein Tor zwischen zwei Welten. Gleiches Klima, gleiche kulturelle Wurzeln und dennoch eine völlig unterschiedliche Entwicklung. Warum? Lisa und Manrique  (Anmerkung der Redaktion: unsere deutschen/costaricanischen Gastgeber in Jacó) konnten uns darauf keine zufriedenstellenden Antworten geben. 

Ich recherchiere in Büchern und im web und stoße dabei auf Persönlichkeiten, die fundamentale Richtungsentscheidungen  in der Geschichte des Landes getroffen haben. Zunächst der Kaffeeproduzent und utopische Demokrat José Figueres Ferrer, der gemeinsam mit Arbeitern und Armen für ein gerechteres Land gekämpft hat. Nach dem Bürgerkrieg wurde er 1948 Vorsitzender einer provisorischen Junta. Seine 1949 eingeführte Verfassung gab Frauen, Schwarzen, indigenen Gruppen und Chinesen das volle Wahlrecht. Seine Dekrete bildeten die Grundlage für einen modernen Wohlfahrtsstaat. Und er schaffte die Armee ab zugunsten der Förderung von Bildungs- und Gesundheitsprogrammen.

In den 1970er Jahren wurde nach einem Einbruch der Kaffeepreise zwischen Geschäftswelt und Umweltschützern eine ungewöhnliche Allianz geschmiedet. Das Konzept eines nachhaltigen Tourismus (grüne Revolution) führte zur Errichtung von vielen Naturschutzgebieten und in der Folge zu steigenden Besucherzahlen. Das Land gilt heute als eines der fortschrittlichsten Lateinamerikas. Es gewinnt knapp 100 % seines Strombedarfs aus regenerativen Quellen . Rund 27 % der Landesfläche stehen unter Naturschutz. Der Tourismus ist noch vor Landwirtschaft und Industrie die wichtigste Einnahmequelle des Landes.

In den 1980er Jahren wurde Costa Rica unfreiwillig in den Konflikt in Nicaragua hineingezogen. Unter Druck der USA attackierten die vom CIA unterstützten Contras von Costa Rica aus die Sandinisten in Nicaragua. Bei den Präsidentschaftswahlen 1986 ging der 44-jährige Oscar Arias Sánchez, ein intellektueller Reformer in der Tradition von Figueres, als Sieger hervor. Er setzte sich für eine Verhandlungslösung ein, versprach die „dauerhafte und aktive unbewaffnete Neutralität“ seines Landes und warf die Contras aus dem Land. 1987 erhielt er den Friedensnobelpreis.

Das ist sicher keine vollständige Erklärung der unterschiedlichen Entwicklung. Die Ergebnisse scheinen jedoch zu bestätigen, dass Politiker mit Charisma, Moral und Weitblick die Geschichte eines Landes wesentlich zum Positiven verändern können.

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Kommentare: 1
  • #1

    Ina Hellmann (Montag, 17 Dezember 2018 04:05)

    Hi Christian! Es ist ja Wahnsinn, wie viel du bereits gesehen und bereist hast, seitdem du dir schon vor einem halben Jahr in Nova Scotia einen gehörigen Vorsprung erarbeitet hattest. Tolle Beiträge, faszinierende Fotos! Liebe Grüße aus der Feuerwehr von den Brightmans