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Nordchile: Supermärkte, ein großes Loch und eine trockene Wüste

Schon bei manchen Grenzübertritten hatte ich in der Vergangenheit das Gefühl, mit einem neuen Land auch eine neue Welt zu betreten. Doch selten war das Gefühl so stark, wie an der Grenze zwischen Bolivien und Chile: War die Anfahrtstraße auf bolivianischer Seite noch eine staubige Schotterpiste (die uns einige Kilogramm Staub über die Grenze schmuggeln lässt), so legt sich in Chile sofort ein glattes Asphaltband für uns aus. Aber in der ersten Stadt auf chilenischer Seite gehen uns die Augen über. Supermärkte mit einem europäischen Warenangebot (allerdings auch zu europäischen Preisen), asphaltierte Bürgersteige und eingehaltene Regeln im Straßenverkehr, lassen uns vermuten irrtümlich in Europa gelandet zu sein.

In Calama wollen wir das größte Loch der Welt besuche: die staatliche Kupfermine Chuquicamata ist ein Tagebau, der über 1.000 m tief in die Erde reicht. Die angeblich größten LKWs der Welt, haushohe Ungetüme, der Reifen unseren Carl bereits überragen, transportieren hier in endlosen Strömen weiter kupferhaltiges Gestein aus der Tiefe hinauf. 

Faszinierend und zugleich beklemmend ist die erst im Jahr 2008 wegen der Staubbelastung für die Bewohner aufgegebene Trabantenstadt in der Nähe der Mine. Alles hier wirkt, als ob die 12.000 Arbeiter und ihre Familien erst vor wenigen Tagen plötzlich verschwunden wären - ein surrealer Tagtraum wie aus einem Horrorfilm. Sogar die Bäume im Stadtpark werden noch bewässert, obwohl die halbe Stadt - inklusive eines der modernsten Krankenhäuser Chiles - inzwischen unter den Abraumhalden verschwunden ist.

Einige Kilometer weiter durch die Atacama-Wüste erreichen wir San Pedro de Atacama. Hier machen wir einen Fahrradausflug in die umliegenden Nationalparks und sind mal wieder erstaunt über die Chilenen, die uns deutscher erscheinen als die Preußen: Am Eingang des Nationalparks bekomme ich einen Helm verpasst und warum bei mir auf die gelbe Warnweste verzichtet wurde, die alle anderen Radfahrer tragen müssen, bleibt mir ein Rätsel. Als ich mich kurz darauf bei einer Flussdurchfahrt überschlage, schützt mich der Helm allerdings nicht vor den Fluten. Entlohnt für diesen Unbill werden wir mit großartiger Landschaft.  

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Kommentare: 2
  • #1

    Oliver (Samstag, 30 März 2019 05:55)

    Tolle Bilder!

  • #2

    Michael Ebert (Dienstag, 09 April 2019 15:02)

    Die Erschließung der Kupfermine „La Escondida“ (liegt in der gleichen Region wie Chuquicamata) war Ende der 1980er Jahre meine erste Projektfinanzierung in der KfW...
    ..und Yannik: Sehr gute Fotos! Ich glaube, wir beide hätten zusammen viel Spaß beim Knipsen....